"Wir wollen bei Digitalisierung und Nachhaltigkeit eine Vorbildfunktion einnehmen"

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Sandra Gasser-Habermacher
Head Compliance Switzerland, Partners Group (Bild: Mirjam Kluka)

Sandra Gasser-Habermacher ist Head of Compliance Switzerland bei der Partners Group und Mitglied des Managements. Die Mutter von zwei Jungen hat an der Universität Zürich (Lic. iur.) und am King’s College London (LL.M.) studiert. Als Anwältin war Sandra Gasser bei den Kanzleien Pestalozzi und Bär & Karrer als Associate tätig, und wechselte 2015 zur Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft KPMG. Dort leitete sie zuletzt den Bereich Asset Management & Fund Consulting. Zur Partners Group in Baar wechselte sie vor rund einem Jahr.

 

Frau Gasser-Habermachr, vor rund einem Jahr sind Sie von der KPMG zur Partners Group gewechselt, wo Sie die Compliance für die Schweiz leiten. Welche grosse Veränderung erfuhren Sie dabei?

Die grösste Veränderung ist der Fokus auf nur ein Unternehmen bzw. eine Gruppe. Bei der KPMG und auch davor in meiner Tätigkeit als Rechtsanwältin in Anwaltskanzleien habe ich parallel verschiedene Kunden beraten. Auch wenn ich einige Kunden über Jahre begleitet habe, war die Zusammenarbeit auf einzelne Projekte beschränkt und jeweils zeitlich limitiert. In meiner neuen „Inhouse“-Rolle bin ich für ein Finanzinstitut verantwortlich und das in einer Breite und Tiefe, die man in der Beratung nicht erreicht. Dieses ganzheitliche Arbeiten ist für mich sehr befriedigend und motivierend. Partners Group ist ein globaler Vermögensverwalter im Bereich Private Markets mit rund 20 Standorten weltweit. Da ist meine Arbeit noch internationaler geworden.

Sie arbeiten Teilzeit in einem global tätigen Asset Manager, wo die Zeit nie stillsteht. Wie funktioniert das?

Seit der Geburt unseres ersten Kindes vor sechs Jahren arbeite ich 80 Prozent. Das funktioniert nur, weil ich damit nicht allein bin. Sowohl in meinem beruflichen als auch in meinem privaten Umfeld profitiere ich von einem starken Netzwerk, das mich unterstützt und Lücken zu schliessen vermag. In beiden Bereichen ist nicht der Einzelne, sondern das Team der Schlüssel zum Erfolg. Mein Mann und ich teilen uns die Care-Arbeit zu gleichen Teilen auf. Bei der Partners Group bin ich Teil eines globalen Compliance-Teams. An zehn Standorten von Denver, über London und Luxemburg bis nach Singapur und Japan kümmert sich eine beachtliche Zahl von Mitarbeitenden um die Compliance der Partners Group. Hinzu kommt, dass meine Arbeit in der Regel gut planbar ist und ich diese flexibel organisieren kann. So arbeite ich regelmässig nochmals, wenn die Kinder schlafen. Ich empfinde meine Situation als Privileg, für das ich sehr dankbar bin.

Sie leiten die Compliance in der Schweiz, daneben gibt es Compliance-Einheiten für praktisch jede Jurisdiktion, in welcher Partners Group tätig ist. Das klingt nach einem hohen Grad an Komplexität.

Wir sind ein weltweit tätiger Vermögensverwalter. In den meisten Jurisdiktionen sind wir mit einer zunehmenden Regulierungsdichte konfrontiert und müssen immer strengere regulatorische Anforderungen erfüllen. Darüber hinaus wollen wir bei wichtigen Themen wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit eine Vorbildfunktion einnehmen. Das allein bringt eine gewisse Komplexität mit sich, der wir mit klar definierten Prozessen begegnen. Diese werden immer wieder hinterfragt, um sie noch effizienter und „to the point“ auszugestalten. Eine offene Kommunikation und ein Zusammenwirken über die Ländergrenzen hinweg sind dabei unerlässlich. Ich stehe täglich in Kontakt mit den Compliance-Teams in den anderen Jurisdiktionen. Es darf keine Hemmungen geben, einen Kollegen anzurufen, um ein gemeinsames Thema zu besprechen, eine zweite Meinung einzuholen und Erfahrungen auszutauschen. Gerade in der Schweiz, wo wir oft internationale Themen aufgreifen, lohnt sich der Blick ins Ausland.

Partners Group unterhält eine recht bedeutende Compliance-Abteilung in Manila. Was hat es damit auf sich?

Es handelt sich dabei um eine gruppeninterne Support-Funktion. In Manila ist ein Grossteil der Compliance-Kontrollen für die ganze Gruppe zentralisiert. Das Team auf den Philippinen umfasst mehrere Compliance-Spezialisten, meist mit einem Audit- oder Accounting-Hintergrund. Diese führen Kontrollen gemäss den globalen und lokalen Instruktionen durch und rapportieren regelmässig an die lokalen Compliance-Teams. An diese werden auch alle Nicht-Standardfälle eskaliert. Ich stehe täglich mit dem Team in Manila in Kontakt und führe meist auf dem Weg zur Arbeit die ersten Gespräche, um dem Zeitunterschied Rechnung zu tragen.

Hätten Sie sich vor fünf Jahren träumen lassen, einst beim führenden Schweizer Alternativ Asset Manager tätig zu sein?

Nein. Ich hätte es wohl auch vor zwei Jahren nicht in Erwägung gezogen. Es musste die Partners Group kommen, bevor ich diesen Weg für mich überhaupt sah. Aus ersten unverbindlichen Gesprächen wurde bald ein ernsthafter Austausch über einen Wechsel. Ich war damals bereits seit gut zehn Jahren im Bereich Fonds und Asset Management beratend tätig und auf den Bereich Regulatory & Compliance spezialisiert. Da war ein Wechsel auf „Kundenseite“ zumindest theoretisch naheliegend. Es war eine logische Konsequenz meines ganzen bisherigen Werdeganges. Dass ich der Asset Management- und Fonds-Industrie treu bleiben würde und werde, steht seit Langem nicht mehr in Frage. Hier liegt meine Expertise und die Arbeit in diesem Bereich bereitet mir grosse Freude.

Was hat Sie schliesslich zum Wechsel zu Partners Group bewogen?

Ein Haupttreiber war die Kultur von Partners Group. Schliesslich sind es die Menschen, die ein Unternehmen prägen, die durch ihr Handeln den Unternehmenserfolg bestimmen. Was die Kultur von Partners Group auszeichnet, sind „Startup-Mentalität“ und unternehmerisches Handeln. Den Kinderschuhen eines Startups ist die Partners Group definitiv entwachsen. Dennoch ist hier diese kreative und innovative Energie spürbar. Mit dieser DNA von Partners Group kann ich mich identifizieren. Bereits in meiner Zeit als Beraterin fand ich es immer besonders sinnstiftend Unternehmen zu begleiten, die eine Vision haben, gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen und ihre Mitarbeiter nicht als Nummern betrachten. Neben dieser Energie haben mich auch die Professionalität und der Best-in-class-Anspruch von Partners Group von Anfang an fasziniert. Ich habe gelernt, dass es sich oft lohnt, Neues auszuprobieren und etwas zu wagen, gerade wenn das Bauchgefühl stimmt.

Was wird unternommen, dass diese Kultur erhalten bleibt?

Partners Group ist seit einigen Jahren stark am Wachsen. Mittlerweile sind hier weltweit über 1‘900 Mitarbeiter tätig. Um den ursprünglichen Geist, die unternehmerische DNA von Partners Group zu bewahren, werden verschiedene Massnahmen getroffen. So werden beispielsweise gezielt Personen angeworben und gefördert, die eine starke unternehmerische Denkweise mitbringen und entsprechende Ideen und Initiativen einbringen können. Partners Group setzt auf Enterpreneurial Ownership, flache Hierarchien und ein Arbeitsumfeld, das Initiative und Innovationen fördert. Das spürt man auch deutlich im Compliance-Team. Auch die Zusammengehörigkeit und die Wahrnehmung als eine „Partnerschaft“ werden gezielt gefördert. Das beginnt in der Regel bereits mit einer Wanderung auf den Wildspitz – das schweisst zusammen.

Ein anforderungsreicher Job und gleichzeitig Eltern sein: Wofür nehmen Sie sich sonst gerne Zeit?

Viel Zeit bleibt neben Arbeit und Familie nicht. Ich nehme mir aber regelmässig kleine Auszeiten, um meine Batterien aufzuladen. Das können eine Jogging-Runde, ein paar Stunden im Garten oder der Besuch eines klassischen Konzerts sein. Danach fühle ich mich geerdet und habe neue Energie.