«Der Weg zum Ziel hat enorm an Bedeutung gewonnen.»
Vincent Duval
Head Swiss Balanced Strategies, UBS Asset Management
Vincent Duval ist seit 2005 bei UBS Asset Management in Zürich tätig, aktuell als Head Swiss Balanced Strategies. Er ist Mitglied des globalen Anlagekomitees und verantwortet die Performance der ausgewogenen Schweizer Multi-Asset-Fonds und -Mandate, insbesondere die Verwaltung der UBS Vitainvest Sustainable Funds, einer der schweizweit grössten Fondsfamilien für die Vorsorge in der 3. Säule.
Vincent Duval, was ist für Sie Erfolg?
Als Portfoliomanager ist Erfolg in erster Linie gleichbedeutend mit einer guten Performance in Bezug auf ein klar definiertes Anlageziel. Ebenfalls gilt es als Anlagerfolg, wenn ein Anlageziel ohne zu grosse Risiken erreicht werden kann und die Volatilität des Portfolios der Risikofähigkeit des Kunden entspricht. Dafür sind ein disziplinierter Anlageprozess und eine intelligente Portfolio-Konstruktion notwendig. Das Management von Multi Asset Portfolios ist vergleichbar mit dem Zehnkampf in der Leichtathletik und damit interdisziplinär. Es geht darum, die verschiedenen Anlageklassen unter Berücksichtigung einer Vielzahl von Parametern und Informationen sinnvoll zu kombinieren. In die Fundamentalanalyse sind in den letzten Jahren weitere relevante Faktoren integriert worden, etwa Nachhaltigkeitskriterien. Der Weg zum Ziel hat deshalb enorm an Bedeutung gewonnen: Wenn eine ähnliche oder sogar bessere Performance mit einem geringeren CO2-Fussabdruck und guten Ratings für nachhaltige Investitionen erreicht werden kann, können wir von Erfolg sprechen.
Was war die beste Entscheidung in Ihrer beruflichen Laufbahn?
Meine beste Entscheidung war sicherlich, im aktiven Portfoliomanagement meine berufliche Karriere zu suchen. Sie war nicht einfach, wurde doch in unserer theoretischen Ausbildung immer wieder die Effizienz der Finanzmärkte unterstrichen. Ich stieg also in einen Beruf ein, in dem der Erfolg fast unmöglich schien. Hier half mir meine Tätigkeit im Handel zu Beginn meiner Karriere – sie lehrte mich, Entscheidungen zu treffen und die Konsequenzen zu tragen.
Was treibt Sie an?
Ich interessiere mich leidenschaftlich für die Finanzmärkte und versuche, zukünftige Ereignisse zu antizipieren. Unter anderem ist die Analyse des Anlegerverhaltens ein Bereich, der mich interessiert. Zusammen mit meinen Kollegen versuchen wir zu verstehen, was in den Köpfen der Investoren vor sich geht, indem wir Finanznachrichten in grossem Umfang analysieren. Besonders lohnend finde ich auch Tätigkeiten, bei denen ich etwas Neues schaffen kann, wie zum Beispiel die Entwicklung einer neuen Multi-Asset-Strategie mit nachhaltigem Ansatz.
Welchen Stellenwert haben soziale Medien bei Ihnen?
Weniger ist mehr. Soziale Medien sind zu einem unverzichtbaren Kommunikationsmittel geworden, sowohl im privaten als auch im beruflichen Bereich. Ich verwende sie aber gezielt und in begrenztem Umfang. Wir werden mit grossen Mengen an Informationen überflutet, die immer schwerer zu verdauen sind und deren Qualität manchmal zu wünschen übrig lässt. Sorgen macht mir auch, dass sich immer mehr Menschen nur über soziale Medien informieren und so nur die gefilterten Information zu hören bekommen, mit denen sie schon einverstanden sind.
Was macht Ihnen an Ihrem Job am meisten Spass, was am wenigsten?
Die zwei Dinge, die ich am meisten mag, sind die Interaktionen mit spannenden Menschen und die Vielfalt meiner Arbeit. Ich habe die Chance, in einem internationalen Umfeld mit Leuten zu arbeiten, die auf ihrem Gebiet sehr talentiert sind. Die Vielfalt innerhalb meines Unternehmens betrachte ich als Pluspunkt und sie führt zu besseren Ergebnissen. Was ich nicht so gerne mache, sind administrative Tätigkeiten, die wenig Bezug zu Investitionen oder Kunden haben.
Welche Probleme sollten Politik und Behörden rasch angehen?
Die demografische Entwicklung in der Schweiz und die Tatsache, dass Anleihen kaum noch Zinsen abwerfen werden, sind problematisch und machen echte und nachhaltige Reformen für unser Vorsorgesystem und insbesondere die 2. Säule dringend notwendig. Auch wenn dies sehr unpopulär ist, muss unter anderem der Umwandlungssatz gesenkt werden, um die wachsende Belastung für künftige Generationen zu reduzieren. Es ist klar: wenn sich die Dinge nicht ändern, wird das private Vorsorgesparen weiter an Bedeutung gewinnen. Dies trägt weiter zu einer Ungleichheit in der Gesellschaft bei.
Wo finden Sie in Ihrer Freizeit den Ausgleich?
Ich kann gut abschalten. Mein Privat- und Berufsleben ist sehr klar getrennt. Ich habe zwei junge Kinder und spreche wenig über meine beruflichen Aktivitäten, wenn ich mit meiner Familie zusammen bin. Ich versuche meine Arbeit vor dem Wochenende zu erledigen. Ich gehe mindestens zweimal in der Woche joggen, was mir erlaubt, den Kopf frei zu bekommen und körperlich in Form zu bleiben. Regelmässig gehe ich auch mit meinen Bürokollegen in der Mittagspause rennen. Dadurch haben wir einen guten Teamgeist entwickelt.
Was würden Sie heute einem Berufseinsteiger im Asset Management, also Ihrem jüngeren Selbst, empfehlen?
Wer das nötige Handwerkszeug hat, um neue Technologien zu beherrschen – beispielsweise Kenntnisse in Statistik oder Programmierung – hat sicher einen guten Rucksack. Natürlich sind Interesse an ökonomischen Zusammenhängen und Politik eine unabdingbare Voraussetzung. Als Portfoliomanager ist es wichtig, nicht nur vor den Bildschirmen zu analysieren, sondern auch in der Lage zu sein, eine spannende Präsentation zu halten oder bei einem Kundenbesuch zu überzeugen. Man muss unternehmungslustig sein und darf nicht zögern, sich zu exponieren: Es ist besser zu scheitern, als es gar nicht erst zu versuchen!
Welches Buch lesen Sie gerade?
Ich versuche, mir die Zeit für Bücher zu nehmen, in denen es nicht nur um Anlagen geht, sondern die ein tieferes Verständnis für die Welt um uns herum vermitteln. Zu Weihnachten erhielt ich ein Buch mit dem Titel «Die Zerbrechlichkeit der Welt» von Stefan Thurner. Der Klimawandel und die Spaltung der Gesellschaft machen das globale Gleichgewicht sehr fragil. Dieses Buch erklärt, wie wir mit Hilfe von Wissenschaft und Big Data vielleicht die nächste grosse Krise vermeiden können. Die Zukunft liegt in unseren Händen! Gleichzeitig sind diese grossen Themen natürlich auch investitionsrelevant.
Was machen Sie während einer Kurzreise?
Ich reise gerne mit dem Zug, wenn ich in der Schweiz unterwegs bin, was seit der Gesundheitskrise leider nicht mehr so häufig der Fall ist. Der Vorteil des Reisens im Zug liegt darin, dass es wenig Ablenkung gibt. Dies erlaubt, mich zu konzentrieren und mit Distanz nachzudenken. Natürlich schaue ich auch immer wieder gerne unsere schönen Landschaften an und höre manchmal Musik.
Welches Hintergrundbild haben Sie auf Ihrem Mobiltelefon?
Einen Panoramablick auf die Alpen, den ich in 3300 Metern Höhe vom Gipfel des Mont Fort – er liegt in der Region der vier Täler im Wallis – aufgenommen habe. Ein Ort mit hohen Bergen und beeindruckender Natur, die mich daran erinnern, dass es die einfachen Dinge sind, die am meisten Freude im Leben bereiten.
Welcher berühmten Persönlichkeit würden Sie gerne einmal begegnen?
Ich kultiviere nicht wirklich den Personenkult und denke, dass Teamgeist viel wertvoller ist. Dennoch verstehe und teile ich manchmal die Faszination für Menschen wie zum Beispiel Elon Musk, der ein Visionär ist und unserer Zeit zweifellos seinen Stempel aufdrücken wird. Trotzdem spaltet er auch die Meinungen. Ich würde gerne mehr über ihn erfahren.