"Das würde unweigerlich zu einer Abwanderung hoch qualifizierter Arbeitsplätze führen"

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Markus Signer
Head of Intermediaries Switzerland bei Pictet Asset Management und Equity Partner

Markus Signer ist Head of Intermediaries Switzerland bei Pictet Asset Management und Equity Partner. Signer arbeitet seit über 20 Jahren bei Pictet Asset Management. Der Ökonom und Jurist arbeitete zuvor acht Jahre bei der Intrag, der einstigen Fondsgesellschaft der Schweizerischen Bankgesellschaft (heute UBS), für die er auch in Luxemburg und in Italien tätig war.

 

Herr Signer, Sie sind bereits Ihre gesamte Karriere im Schweizer Asset Management tätig – annähernd drei Jahrzehnte. Was waren die grössten Umwälzungen in dieser Zeit für die Asset-Management-Industrie?
Mir kommen da drei Entwicklungen in den Sinn. Der erste und wichtigste Big Bang war sicher die Öffnung der Vertriebskanäle mit der Einführung einer offenen Fondsarchitektur. In der Schweiz geschah dies 1998. Dies war die eigentliche Geburtsstunde des heutigen Vertriebsgeschäfts. Weitere prägende Entwicklungen waren der Wandel von einem auf Retrozessionen basierenden Vertrieb hin zu einem Beratungsmodell und das starke Wachstum indexierter Anlagen. Die letzten beiden Umwälzungen führten zu einer Fitnesskur für die Branche und zwangen die Asset Manager, sich auf ihre Stärken zu konzentrieren. Zurückblickend kann man sagen, dass nicht nur die Kunden, sondern auch die Branche von diesen Entwicklungen profitiert haben und immer noch profitieren. Das Schweizer Asset Management musste seine Qualität steigern und steht heute im internationalen Vergleich sehr stark da.

Vermissen Sie das, was man «die gute alte Zeit» nennt?

Nein; es gibt keine «gute alte Zeit». Asset Management ist ein sehr internationales und transparentes Geschäft mit tiefen Eintrittshürden und somit äusserst kompetitiv. Die in der vorangehenden Frage erwähnten Entwicklungen waren immer Herausforderungen und gleichzeitig auch Chancen. Wichtig ist es wachsam und agil zu bleiben. Pictet Asset Management konnte die verwalteten Vermögen kontinuierlich ausbauen und Marktanteile gewinnen. So betrachtet war und ist für uns immer die Gegenwart die beste Zeit.

Pictet, eigentlich eine Privatbank, hat sich zu einem der Top-Anbieter im Schweizer Asset Manager entwickelt: Was waren die Hauptfaktoren, dass dies gelungen ist?

Unabhängigkeit von der Privatbank und unternehmerische Freiheit. Wir haben Pictet Asset Management von Anfang an als eigenständiges Unternehmen aufgebaut. Unser Ziel war es externe Kunden zu gewinnen und möglichst rasch eine eigene wirtschaftliche Daseinsberechtigung zu erlangen. Dies gelingt nur, wenn man diejenigen Dienstleistungen liefert, welche die Kunden brauchen und dies in einer überdurchschnittlichen Qualität.

Ist die Feststellung richtig, dass das Wealth Management punkto Anlagekompetenz profitieren kann, wenn Asset Management auch Inhouse stattfindet?

Ich denke schon. Asset Manager pflegen einen ausgesprochen disziplinierten und prozessorientierten Anlagestil, bei dem die strategischen Ziele wichtiger sind als die taktischen. Diese Kultur kann die Anlagekompetenz im Wealth Management durchaus bereichern und ergänzen. Zudem hat die Privatbank Zugang zu all unseren Fähigkeiten uns setzt diese auch ein, falls sie die Anforderungen erfüllen. Zudem stellen wir fest, dass in gewissen Märkten das Wealth Management von der Bekanntheit unserer Themenfonds profitiert und potenzielle Private Banking-Kunden Pictet zuerst als Asset Manager wahrnehmen.

Dennoch sind Private Banking und Asset Management zwei verschiedene Kulturen. Wie stellen Sie einen kooperativen Stil und Know-how-Transfer her?

Zuerst behandeln wir unsere Privatbank als das was sie für uns ist: Ein äusserst bedeutender und loyaler Kunde. Wir haben ein für die Privatbank spezialisiertes Sales-Team, welches auf allen Ebenen einen regelmässigen Austausch pflegt und einen erstklassigen Service liefert. Auf der Makro Ebene stehen die Ökonomen der beiden Business Lines in einem regelmässigen Dialog. Zudem ermöglichen wir Mitarbeitern eine interne Mobilität von der einen zur andern Business Line. Dieser Austausch an Talenten und Spezialisten hat in den letzten Jahren stark zugenommen und wirkt für beide Bereiche sehr bereichernd.

Die Schweiz hat im Asset Management Führungsambitionen, jedoch als kleines Land beschränkten Zugang zu Fachkräften und Talenten: Wie managen Sie den «access to talent» bei Pictet?

Wir sind ein attraktiver Arbeitgeber mit flachen Hierarchien, einer transparenten und direkten Feedbackkultur und wir ermöglichen es unseren Mitarbeiter früh Verantwortung zu übernehmen und eigene Anlage- oder Geschäftsideen umzusetzen. Wir fördern eine ausgeprägte Unternehmerkultur.
Zusätzlich sind wir flexibel bezüglich des Arbeitsortes und bieten auf der Investmentseite neben Genf auch Arbeitsplätze in Zürich, London, Mailand, Hong Kon Singapore und Tokio an. Insofern ist der Talent-Pool für uns global.

Als Produktionsstandort für Asset Management hat die Schweiz noch viel Potenzial nach oben: Welche Voraussetzungen müssten noch erfüllt werden?

Ich denke die Schweiz hat mit ausgezeichneten Universitäten und Hochschulen, mit einem offenen und flexiblen Arbeitsmarkt und mit einer sehr hohen Lebensqualität bereits sehr gute Standortfaktoren. Hinzu kommt, dass die Schweiz sowohl über einen grossen institutionellen und ein sehr grossen Privatanlegermarkt verfügt. Wir müssen aber sicherstellen, dass Produkte, welche in der Schweiz verwaltet werden, auch in unseren Absatzmärkten – das heisst in Europa und Asien - angeboten werden können. Die Delegation des Portfolio Managements in die Schweiz muss für im Ausland domizilierte Fonds und institutionelle Kunden möglich bleiben. Ansonsten würde dies unweigerlich zu einer Abwanderung dieser hoch qualifizierten Arbeitsplätze aus der Schweiz führen.

Mit dem Wasserfonds hat Pictet sehr früh auf Nachhaltigkeit gesetzt: Was war damals der Auslöser gewesen, das Thema zu besetzen?
Pictet Asset Management hat bereits in den 1990er Jahren Portfolios mit Nachhaltigkeitskriterien verwaltet. Insofern war die Lancierung des Wasserfonds lediglich die Umsetzung des Nachhaltigkeitsgedanken in einem Themenfonds. Die fundamentale Bedeutung von Wasser als Rohstoff, verbunden mit der zunehmenden Knappheit, waren ausschlaggebend. Die Idee kam von einem Analysten der Privatbank, der eine entsprechende Strategie für Kunden verwaltete. Heute leitet dieser Mitarbeiter den sehr erfolgreichen Themenfondsbereich bei Pictet Asset Management.

Wie leben Sie selber Nachhaltigkeit?

Achtsam aber ohne Fanatismus. Ich achte auf meinen CO2-Fussabdruck und bevorzuge öffentliche Verkehrsmittel. Mit dem Auto lege ich deutlich weniger als 10'000 km in Jahr zurück. Als Hobby-Koch als auch als Restaurantgast achte ich auf saisonale und lokale Produkte aus nachhaltiger Produktion.